Zeichnungen

Zeichnungen


Wenn es ein Vorteil war, als Jugendlicher eine Ausbildung zu beginnen, dann der, ein Handwerk zu lernen. Die Ausbildung zum Schriftsetzer – das Berufsbild gehört längst einer vergangenen Industrie-Epoche an – war damals eine umfangreiche Angelegenheit. Wir mussten uns etwa im Zeichnen üben. Das hieß Buchstaben in Tusche entwerfen, Skizzen für Anzeigen oder Plakate anfertigen, aber auch Proportionsübungen  machen. So sollten wir eine Stadtvignette von Osnabrück frei in ein größeres Format übertragen. Das war, ich wusste es aber noch nicht, auch schon eine Einübung in Perspektive.


Solche Berufsschulaufgaben waren mir bald nicht mehr nur eine Pflicht. Ich habe etwa ein Gemälde  mit einer städtischen Szene in eine größere Tuschezeichnung übersetzt. Das war ein Erfolgserlebnis, welches die Eltern im Wohnzimmer hängen sehen wollten. Es hieß dann, der Junge hat das Talent von der Wewers-Seite, denn der Bruder meiner Mutter war Kino-Plakatmaler gewesen.


Das Zeichnen mit Graphit und Tusche wurde ein Ausgangspunkt für Versuche mit Plakaten und Plattenhüllen – es war die Hoch-Zeit der Pop-Art. Auch die grafisch-malerischen Neuerungen in der Plattenkultur der Rockmusik waren prägend. Und die Bilder von Salvadore Dalí allgegen-wärtig. Also zeichnete ich auch gruselige "Kopfüßler". Dann kam der politische Aufbruch und ein zeichnerischer Einbruch. Nur an der Cote d’Azur habe ich mal mehr als eine Woche an einer Pinien-Gruppe gearbeitet. Sozusagen Nadel für Nadel. Von diesem akribischen, rein gegenständlichem Zeichnen, habe ich mich später gelöst.


Seit mehr als zwanzig Jahren zeichne ich nun mit einem "Nero"-Stift in einem halbabstrakten Stil – oder auch mit Kohle oder einem "Chunky". Beide Stifte, der eine sechs Millimeter stark, der andere ein runder Stift-Klotz, bestehen aus gebundener fetthaltiger Kohle. Sie ermöglichen im Auftrag auf allen möglichen Papieren und auch auf Leinwand eine große Bandbreite von Hellgrau bis Tiefschwarz – ohne das unbedingt, wie bei Kohle-Zeichnungen, eine Fixierung erfolgen muss. Bei Ausflügen, Erkundungen und Reisen führe ich ein zeichnerisches Tagebuch in größeren Skizzenbüchern, aber hauptsächlich in Skizzen-Blöcken im Format 40 x 40 cm. Das Quadrat ist eine Herausforderung, weil es zur Mittigkeit, also zur Langweile führen kann. Die Herausforderung hält die Spannung hoch. Aber die größte Spannung liegt in der Auseinander-setzung mit der Realität, der Umgebung, mit Landschaften und Räumen, mit Architekturen und Strukturen.


Oben: Fischerhütten an Felsenküste, 2007 – unten: Stiftsbibliothek Sankt Gallen


Aus dem Auto heraus   Ganz schnell Eindrücke zeichnerisch zu verarbeiten hatte ich schon während Bahnfahrten versucht. Irgendwann kam ich auf die Idee, aus dem Auto heraus zu zeichnen. Also musste Cornelia fahren und ich saß auf dem Beifahrersitz und zeichnete in Skizzenbücher. In verschiedenen Formaten, bis hin zu fast 30 x 40 cm. Am besten gefallen hat mir das Arbeiten in Panorama-Formaten (etwa 15 x 30 cm-Skizzenbücher). Ein interessantes Experiment vor allem dann, wenn man etwas Typisches von einer Landschaft einfangen kann. Manchmal ist das gelungen. Auch im quadratischen Format, selbst wenn das nicht so dem Blick aus dem Auto heraus entspricht. Es gibt so einen Sog auf die Straßenoberfläche entlang in die Tiefe. Auf die Dauer aber, vor allem bei längeren Autobahnabschnitten, wurde es redundant. Seit ein paar Jahren mache ich das nicht mehr. 

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Hof, Veranda, Garten


Das Häuschen in der Turnhallenstraße 36 war einmal unser Wohnhaus – mit kleinen Innenhöfen, einer Veranda und einem Garten, den wir als Stufengarten ausgebaut haben. Die Innenhöfe waren geprägt von Pflanzen aller Art, auch an den Hauswänden Töpfe. In den wärmeren Jahreszeiten lebten wir viel draußen im Hof und auf der Veranda. Wir konnte Schatten und Sonne haben. Wir konnten die Abende draußen genießen. Wenn es im Hof zugig war, konnten wir uns auf die Terrasse setzen, windgeschützt und vom Tage sonnengewärmt. Wir haben Hof und Garten illuminiert und so Spiele mit Licht und Schatten inszeniert. In den Jahren 2002 und 2003 habe ich versucht diese Stimmungen mit Kohle, Chunky und Nero-Stift einzufangen, zumal am Abend und in der Nacht. Diese Bilder laufen hier links als Diashow durch.


Im Sommer 2005 sind wir in den Anbau des Hauses in der Turnhallenstraße 24 gezogen, das ehemalige Elternhaus von Cornelia und nun das Haus ihrer Tochter Jana mit Schwiegersohn Stefan und ihren kleinen Töchtern. Dann haben wir das Haus Turnhallenstraße 36 renoviert bzw. renovieren lassen, mit leichten Umbauten. So entstanden sowohl oben als unten jeweils ein großer Atelierraum. Es ist unser großes Privileg, so ein Atelierhaus halten zu können.

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